Bain & Company, eine der größten Unternehmensberatungen weltweit mit Sitz in Boston, hat vor Kurzem eine Umfrage zum Thema Marketing Technology (Martech) durchgeführt: Teilgenommen haben 100 große Unternehmen aus dem Konsumgüterbereich. Anhand von 30 unterschiedlichen Martech-Kompetenzen, darunter Themen wie Produktmanagement und Governance-Praktiken, sollte der Reifegrad der Unternehmen im Hinblick auf Marketingkompetenz ermittelt werden.
Die Studie bewertete 12% der teilnehmenden Firmen und ihre Martech-Fähigkeiten als führend. 19% am anderen Ende der Skala fielen in die Kategorie Nachzügler. Es wird niemanden überraschen, dass die oberen 12% bei den Marktanteilen fast immer Zuwächse zu verzeichnen hatten, während die Nachzügler in ihrer Mehrzahl kontinuierlich Marktanteile verloren haben.
Marketing Technologien als zentraler Erfolgsfaktor
Die wirkliche Überraschung der Untersuchung war jedoch nicht die Spannweite bei den Marktanteilen selbst. Verblüffend war, wie groß die Rolle von Martech bei der erfolgreichen Umsetzung von Marketingaufgaben ist.
Die hohen Zuwächse bei den Gewinnern der Studie gingen vor allem auf die konsequente Umsetzung von Martech-Anwendungsfällen zurück – ein Effekt, der weltweit zu beobachten ist.
Ein Martech-Anwendungsfall im Sinne der Studie ist ein konkretes, mit bestimmten Funktionalitäten ausgestattetes Kundenerlebnis, das über einen bestimmten Kanal bereitgestellt wird, beispielsweise A/B-Tests auf dem Weg einer E-Mail-Kampagne. Es zeigte sich:
Bei den 'Nachzüglern' waren weniger als fünf Martech Use Cases im Einsatz.
Im krassen Gegensatz dazu die Gewinner: Diese hatten dutzende Use Cases im Einsatz. Bei jedem sechsten von ihnen waren sogar über 50 Martech Use Cases implementiert. Das beweist: Höhere Martech-Kompetenz führt zu mehr Anwendungsfällen, und das wiederum zu besseren Ergebnissen.
Auf das Enablement kommt es an
Martech-Produkte stehen in großer Zahl zur Verfügung – rein technisch kann also jeder diese implementieren. So zumindest sieht es theoretisch aus.
Die Nutzung der vollen Kraft von Martech-Technologie erfordert allerdings mehr als das. Wichtig ist die Ansammlung von Kompetenz. Und die erfordert Schulungen zur Anwendung der Tools und zum Aufbau wirkungsvoller Marketingkampagnen mit ihrer Hilfe.
Das ist aber noch nicht alles. Es geht auch um die Vermeidung organisatorischen Hürden, die Martech-Anwendungen verlangsamen oder ganz verhindern können. Auch Motivation spielt eine Rolle – Anreize und Ermutigungen, um mit den neuen Möglichkeiten ohne falsche Hemmungen zu experimentieren. Das alles erfordert Schulung und Übung.
Gerade CEOs und CMOs sind angehalten, bei der Einführung von Martech-Technologien die gesamte Organisation mit einzubeziehen. So werden aus engagierten Mitarbeitern mit der Zeit echte Führungskräfte.
Martech – keine Angst vor Komplexität
Die Bain-Studie hat auch erwiesen, dass Erfolg und Misserfolg in Bezug auf Martech-Anwendungen nicht unwesentlich von der Einstellung der für die Einführung Verantwortlichen abhängt. Bei den Gewinnern war zu beobachten, dass sie die Komplexität, die mit den internen Umstellungseffekten verbunden war, als Ansporn betrachteten, nicht als Anlass zum Zurückzucken.
Die Einführung von Martech-Technologien ist komplex, auch beim digitalen Marketing, daran kann kein Zweifel bestehen. Aber es ist eine begrenzte, überschaubare Komplexität, die eher eine Kraftquelle darstellt als ein operatives Hindernis.
Marketing von heute ist von Natur aus komplex. Es ist ein mobiles System mit zahllosen Variablen – von der Wettbewerbslandschaft über neue Technologien bis hin zum Kundenverhalten. Man kann natürlich davor die Augen verschließen und laut singen oder pfeifen, um die Störgeräusche zu übertönen. Das bringt die Komplexität allerdings nicht zum Verschwinden. Was allerdings passiert: Sie beginnt, gegen dich zu arbeiten.
Um sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen, muss man die Fähigkeit entwickeln, neue Anwendungsfälle schnell zu übernehmen und dauerhaft zu adaptieren. Das macht aus einfachen Marktteilnehmern Gewinner – so, wie in der Bain-Studie beschrieben.